Ich kenne und verfolge Cristina Ohlmers Schaffen seit vielen Jahren … Sie agiert mit leichter Hand. Ihre Hand folgt einem forschenden Schauen. Im Schauen nimmt sie die Welt auf. Die Außenwelt und die Innenwelt. Beides, das Erfassbare und das Erahnbare, formt Cristina Ohlmer zu bildnerischen Erscheinungen, zu Klang- und zu Bewegungsbildern.
Cristina Ohlmer formuliert ihre Beobachtungen und Einfälle in Zeichnungen, Fotografien, Videos, in plastischen und in akustischen Installationen. So gibt sie dem Treppenhaus einer inzwischen als Museum genutzten ehemaligen Mädchenschule in Freiburg mit Pausengong, Türenschlagen, Wortfetzen, Lachen und Hüpfen sein ursprüngliches Leben zurück. Oder erzählt in zarten Tuschefigurationen auf einer chinesischen Reispapierrolle von ihren Begegnungen in Tianjin. Oder gibt in Winterthur einem Tanztheater über die Einsamkeit des Menschen mit ihrer Licht- und Bildregie eine eindringliche Bühnenpräsenz. Oder verwandelt im taiwanesischen Grassmountain Chateau die sich auf Silberfolien spiegelnde Natur in fotografisch-malerische Reflexionen über das Aufscheinen und das Flüchtige von Wirklichkeit.
Immer zielt Cristina Ohlmer auf Momente einer sinnlichen Wahrnehmung, die über materiell definierte Grenzen hinausgeht in einen offenen Bezirk, in dem alles möglich, alles veränderbar erscheint. So prägnant ihre Werke auch sind, so präzise sie sich in ihren Arbeiten auch äußert, so sehr thematisieren diese doch immer zugleich die Frage unseres Vermögens oder unserer Vergeblichkeit, den sichtbaren Dingen habhaft zu werden. Sie uns anzueignen, ihr Gewicht zu spüren, sie zu erfahren als wahrhaftige Phänomene der uns umgebenden Welt. Sie sind damit auch ein wichtiger, eigenständiger Beitrag zu der Diskussion um Virtualität und Simulation menschlicher Existenz.
(Dr. Jochen Ludwig, Direktor des Museums für Neue Kunst Freiburg 1985 – 2011)