Ein gläserner Raum, ein Schaukasten, in den hinein und durch den hindurch unser Blick dringt. Die vorderen Schnittkanten wirken wie ein schwarzer Rahmen, ganz einfach, wie provisorisch zusammengefügt, leicht schimmernd in der türkisdunklen Reflektion des auftreffenden Lichts. Fast unmerklich ist die Perspektive nach rechts verschoben, die dortige Seitenachse führt steiler als die linke zur rückwärtigen Scheibe. Doch wo der Grund dieses Raumes wirklich endet und was ihn umschließt, was neben, über und unter ihm ist und was dahinter, bleibt verborgen. Nur in den Spiegelungen verrät sich, erzählt von sich die umgebende Welt. Da ziehen hauchzarte Formschlieren vorbei und hinweg über angeschnittene Textzeilen, seitenverkehrt und auf dem Kopf, man muss sich schon bemühen, die von der Makellosigkeit und ihren Störungen erzählen. Im Kammerspiel austarierter Vorstellungen wird dieser „kleinste Spritzer Fett (….) auf dem frischen Weiß“ zur unerwarteten bildnerischen Sensation. Genauso, wie die rhombenförmigen weißen Schwebeteilchen und die an den Wänden herablaufenden Tropfen diese gläserne Menagerie in Bewegung setzen. Cristina Ohlmer wurde 1960 in Varese, Italien geboren und studierte an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste, Stuttgart. Neben ihrer freien künstlerischen Arbeit hat sie schon mehrfach Bühnenbilder gestaltet, zuletzt für eine Aufführung der Young Opera Company im Freiburger E-Werk. Sie zielt in ihrer Arbeit immer auf Momente einer sinnlichen Wahrnehmung, die über materiell definierte Grenzen von Malerei und Skulptur hinausgeht, in einen offenen Bezirk, in dem alles möglich, alles veränderbar erscheint. In diesem Sinne ist auch das „Modell“ ein Entwurf, eine plastische Ideenskizze für einen Erfahrungsraum, unabgeschlossen, durchlässig, alles aufnehmend, aber auch alles wieder abgebend, geheimnisvoll in seiner Luzidität, wie die Elfe, die das gläserne Gehäuse umkreist. So unwirklich nah, dass wir nur ihr wehendes Gewand erkennen.
(Jochen Ludwig, Museum für Neue Kunst Freiburg, Dezember 2002)