Das passiert nicht alle Tage: Eine Künstlerin aus Freiburg erhält eine Einladung zur Venedig-Biennale – plus ein eigenes Atelier im Arsenale, dem zentralen Ausstellungsareal. Cristina Ohlmer ist das jetzt passiert.
Ab Mitte Oktober arbeitet die Zeichnerin und Konzeptkünstlerin für drei Wochen als Artist-in-Residence in den einstigen Waffenkammern, in denen die internationale Kunstszene derzeit neue Munition für Augen und Geist schmiedet.
BZ: Frau Ohlmer, wie kam es zu dieser Einladung?
Ohlmer: Das war eine Verkettung glücklicher Umstände. Ich wurde von der Kunstkommission des Uhrenherstellers Swatch, einem Hauptsponsor der Biennale, ausgewählt, im Rahmen von dessen Auftritt im Arsenale ein künstlerisches Projekt zu realisieren. Mein Glück: Ich war vor zwei Jahren bereits als Stipendiatin des „Visiting Artists“-Atelierprogramms von Swatch in Shanghai.
BZ: Drei Wochen sind eine kurze Zeit. Wie werden Sie sie nutzen?
Ohlmer: Ausgehend von großen Tuschezeichnungen, die ich mitbringe, möchte ich in dem Atelier die Wände mit einer ortsbezogenen Arbeit aus Silberfolie überziehen. Ich stelle mir das als eine Art Bilderweiterung vor, die meinen künstlerischen Prozess ebenso spiegelt wie das Licht und die historische Architektur des Raumes.
BZ: Das klingt sehr poetisch und intim.
Ohlmer: Ja, andererseits ist das Atelier nach vorne hin offen wie eine Bühne und Teil der Ausstellungshalle. Es ist ungewohnt, dass ein Publikum zusehen kann, wie ich arbeite, in regelmäßigen meditativen Gesten die Folien nach ihm unbekannten Mustern zuschneide und verklebe. Nach und nach wird so der Ortsbezug sichtbar, als Lichtecho der Eingangstore zur Halle. Es geht um eine Vertiefung des Sehens. Als Strahlenfängerin, die bündelt und umlenkt, möchte ich den Blick des Publikums wieder mit dem Außen verbinden und der Umgebung mit ihren natürlichen Wasserspiegeln anpassen.
BZ: Werden Sie denn selbst auch mal Zeit haben, einen Blick nach draußen zu werfen?
Ohlmer: Ja, natürlich Ich freue mich schon auf den Gang über die Biennale im Arsenale und den Giardini, aber auch auf „Serenissima Alltagsleben“.
(Text: Dieter Roeschmann)