Cristina Ohlmer
Laura, Lisa & Lucia - Katalogtext: Miss.You. Museum für Neue Kunst 2002
Im Fluss bleiben – durch Hinterfragung und Hervorhebung - das ist Cristina Ohlmers Devise. In der Kunst findet sie einen Ort des Übergangs. Um die Realität zu transzendieren, aber auch, um auf diese einzuwirken bedarf es ihr der unterschiedlichsten Mittel und es ist überraschend, mit welcher Subtilität diese aus den Inhalten erwachsen.
Im eigens für das Treppenhaus des Museums entwickelten Klangbild Laura, Lisa & Lucia ist es ursprüngliche Bestimmung des Hauses als Mädchenschule, die, einer Erinnerung gleich, zum Vorschein kommt: Pünktlich alle 45 Minuten, zwischen einer Schulstunde und der anderen also, wird die Treppe von Kinderstimmen bevölkert – von Wortfetzen, Lachen, Hüpfen, aber auch vom Flügelschlag von Tauben. Irgendwo leckt das Dach. Einen Moment lang trennen sich diese Geräusche im tatsächlichen Alltagsbetrieb noch nicht, um bald darauf hin wie eine intensivierte (Hör)Zeitmaschine die Wahrnehmung mit der Vorstellung zu überlagern.
Diese akustische Kulisse zwischen Welt und Traum entsteht und vergeht – was bleibt, ist der reale Raum voll mit Geschichte, den jeder selbst mit Geschichten füllt.
Etwas zum Erscheinen bringen, das wieder verschwindet: Mit dem Material, das Cristina Ohlmer wählt, rückt sie die Fragilität des Seins ins Licht. Nicht von ungefähr setzt sie häufig Glas als Trägermedium ein: Mit Glas können Räume begrenzt, geschaffen, aber auch vorgetäuscht werden. Durch Übereinanderschichtung der durchsichtigen Flächen, in der zum Teil Motive eingeschmolzen sind, können Tiefenräume evoziert werden. Je nach Lichteinfall eröffnet Glas die Sicht – oder es verschließt den Blick, indem es das Licht zurückwirft.
Neben dieser Dialektik aus Transparenz und Reflexion, aus An- und Abwesenheit, aus Immaterialität und Substanz ist es der Prozess selbst, der in ihren Arbeiten immer wieder Thema ist – als zeichnerische Geste, als assoziativer Schreibfluss, als Denk-Bewegung. Dabei entscheidet sie sich für den Weg, der ins Offene führt. „Was bleibt? Alles. Du zweifelst? Wunderbar. So beginnt Visionszeit.“
Nicoletta Torcelli, Freiburg